Liebe Freu(n)de,

wer von Euch mein neues Buch „Der verratene Himmel, Rückkehr nach Eden“ gelesen hat, wird sicherlich erkannt haben, wie wichtig mir ein deutliches Verständnis über unsere beiden Formen des Seins ist. Im 5. Kapitel „Die künstliche Trennung zwischen Ganzheit und Ego“ erkläre ich im Schwerpunkt die „Ursachen für unser Verstandes-Programm“. Heute möchte ich Euch den ersten Teil einer fünfteiligen Serie über die „Beschaffenheit der Liebe“ vorstellen. In den nächsten fünf Tagen könnt Ihr die jeweilige Fortsetzung des vorherigen Artikels auf Euch einwirken lassen. Diese kleine Serie stammt aus dem Buch „Über die Liebe“, von Krishnamurti1. In diesem außerordentlich empfehlenswerten Buch sind historisch bedeutsame Reden von Jiddu Krishnamurti veröffentlicht. Aus einer seiner Reden, die er am 10. Dezember 1952 in einer indischen Schule in vor Schülern hielt möchte ich heute einen Auszug zitieren:

…Wir haben über die Kompliziertheit der Liebe gesprochen. Ich glaube, wir werden dieses Problem erst dann verstehen, wenn wir ein ebenso schwieriges Problem, das wir Geist nennen, verstehen. Habt Ihr bemerkt, wie neugierig wir sind, wenn wir jung sind? Wir wollen wissen, wir sehen sehr viel mehr als ältere Leute. Wir sehen Dinge – vorausgesetzt, dass wir wach sind – die ältere Menschen nicht bemerken. Wenn wir jung sind, ist der Geist viel reger, viel wissensdurstiger und neugieriger. Deshalb fällt es uns in der Jugend so leicht, Mathematik oder Geographie zu lernen. Wenn wir älter sind, nimmt unser Geist eine feste Form an, wird schwerfälliger, unflexibler. Habt Ihr bemerkt, wie viele Vorurteile ältere Menschen haben? Ihr Geist ist festgelegt, Sie sind nicht offen, sie besitzen einen bestimmten Standpunkt, von dem aus sie sich allem nähern. Ihr seid jetzt jung, aber wenn Ihr nicht sehr aufmerksam seid, werdet Ihr auch so werden. Ist es dann nicht wichtig, dass man den eigenen Geist versteht und herausfindet, ob man nicht beweglich bleiben kann, fähig zu sofortiger Berichtungen, zum Einsatz besonderer Fähigkeit in jedem Lebensbereich, fähig zu forschen und zu begreifen, anstatt allmählich abzustumpfen? Solltet Ihr nicht verstehen, wie der Kopf funktioniert, damit Ihr wisst, was Liebe ist? Denn es ist der Kopf, der die Liebe zerstört. Kluge Leute, die listig sind, wissen nicht, was Liebe ist, weil Ihr Verstand zu scharf ist, weil sie so gerissen sind, weil sie so oberflächlich sind (was bedeutet, dass man an der Oberfläche lebt) – und Liebe existiert nicht an der Oberfläche.“

Bitte lasst diese Zeilen auf Euch einwirken…..

Versucht diesen Text mit Verstand und Herz zu erfassen…

Übrigens:

Die hochkomplexen „ganzheitlichen“ Wahrnehmungen von Säuglingen* und kleinen Kindern „verkümmern beim dressierten Menschen ins System, ob Sprache, Logik oder Befehlsstruktur“(1). „Der einstige Kommunikationsgigant wird zum Scheuklappenträger, der seiner Bildzeitung glaubt. Das Hauptparadigma des Vernünftigen wird wie bei Kant die Newtonsche Mechanik und mechanisch seine Bewegungen und Satzbauten. (Er ist fest überzeugt,) nur dies sei wirkliche Realität, alle anderen Wahrnehmungen werden neuronal gehemmtweil nicht sein kann, was nicht sein darf. Der Realist radiert die Reize der Realität rigoros aus.“ (1)

1 Dr. Michael Lütge, Der Himmel als Heimat der Seele. Habilitation an der Georg August Universität Göttingen

* Coenästhetische Wahrnehmung, René Arpad Spitz (* 29. Januar 1887 in Wien, Österreich; † 14. September 1974 in Denver, Colorado, USA) war ein österreichisch-amerikanischer Psychoanalytiker und Wegbereiter von Säuglingsforschung und Entwicklungspsychologie

Me Agape

Dieter Broers

1 Krishnamurti, Über die Liebe, Aquamarin Verlag